Einschätzung Rechtsextremismus 2005/3

Zürich, 31. Dezember 2005

Politische Organisationen

In den vergangenen Jahren haben Rechtsextremisten auch versucht, politische Parteien aufzubauen, mit dem Ziel sich auch an den Wahlen zu beteiligen. Diese Projekte – wie beispielsweise David Mulas’ Nationale Partei der Schweiz (NPS) – sind meistens bald gescheitert. Ausnahme ist die Partei National Orientierter Schweizer (PNOS), die inzwischen gefestigte Strukturen aufgebaut hat. Keine politischen Aktivitäten entfaltete 2005 der Basler Eric Weber, der sich mit seiner “Volksaktion gegen zuviele Ausländer und Asylanten“ noch 2003 an den Nationalratswahlen und 2004 auf der Listen der Schweizer Demokraten (SD) an den baselstädtischen Grossratswahlen beteiligt hatte. Er hatte bei diesen letzten Wahlen Wahlcouverts gekauft und war dabei erwischt worden. Eric Weber hat eine lange Karriere im rechtsextremistischen Milieu hinter sich. 1986 wurde er – auf der Liste der Nationalen Aktion – in den Grossen Rat gewählt, wo er bald durch seine flegelhaften Auftritte auffiel. Nach seinem Ausscheiden aus dem Grossen Rat übersiedelte er für mehrere Jahre nach Deutschland, wo er als Journalist zu arbeiten versuchte. Er war bereits Anfang der 90er Jahre wegen Urkundenfälschung bei Wahlen verurteilt worden. (53)

(53) Siehe Jürg Frischknecht, „Schweiz – wir kommen“, Zürich 1991, S. 115f

Partei National Orientierter Schweizer (PNOS)

Ende Dezember kündigte die Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) an, sie werde sich an den Berner Grossratswahlen mit zwei Kandidaten beteiligen, nämlich mit Dominik Lüthard, Musiker der rechtsextremistischen Band „Indiziert“(54), und Tobias Hirschi, bereits Stadtparlamentarier in Langenthal. Die Kleinpartei hat in den vergangenen zwei Jahren bereits  Wahlerfolge erzielt; u.a. wurde im Oktober 2004 Tobias Hirschi – allerdings bei sehr schwacher Wahlbeteiligung – in das Langenthaler Gemeindeparlament gewählt. Er ist – seit Ende des Zweiten Weltkriegs – der erste Rechtsextremist, der auf einer rechtsextremistischen Liste gewählt wurde. Nur sehr bescheidene 0.13 Prozent Wählerstimmen hatte noch Ralph Aschwanden bei den Nationalratswahlen 2003 im Kanton Aargau erhalten.

Die PNOS betreibt auch einen „Weltnetzladen“, postalisch erreichbar über eine Postfachadresse in Interlaken. Das Angebot ist allerdings verhältnismässig klein, eine PNOS-Fahne, ein PNOS-Abzeichen, noch vorhandene Archivnummern der Parteizeitschrift „Zeitgeist“, weiter acht Buchtitel, darunter ein Buch des SVP-Nationalrates Luzi Stamm neben einer Broschüre des Westschweizer Holocaust-Leugners Philipp Brennenstuhl und Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“. Die Partei vertrieb Ende 2005 auch den „Taschenkalender des nationalen Widerstandes 2006“, in dem sich vor allem auch Porträts von Exponenten des Dritten Reiches fanden.

Die PNOS wurde Anfang September 2000 in Liestal gegründet. Erster Präsident war Sacha Kunz, vorher Mitglied der rassistischen Blood and Honour Skinheads, Vizepräsident war Jonas Gysin. In ihrem ersten Parteiprogramm fordert die PNOS unter anderem, Ausländer „aus dem Sozialversicherungswesen“ auszugliedern, und Kindergelder dürften „nur an Schweizer Familien ausgezahlt werden“. Ein später veröffentlichtes „20-Punkte Programm“ enthält auch direkte Anklänge an das Programm der einstigen NSDAP, so bei der Frage der Staatsangehörigkeit: Staatsangehöriger könne, so die PNOS-Forderung, nur derjenige sein, „der dem Volk angehört oder der ihm durch Abstammung und Kulturverwandtschaft so nahe“ stehe, dass er sich einfügen könne. Die PNOS wolle ein „europäisches Europa“ und die „zügige Rückführung kulturfremder Ausländer in ihre Heimat“. Weiter fordert die Partei die Abschaffung der Rassismus-Strafnorm, insbesondere auch wegen der Holocaust-Leugner. Die Partei will ebenso „die Parteienwirtschaft beseitigen“,eine Verstaatlichung der Medien und Familienförderung nur „für Einheimische“, also Schweizer Staatsangehörige. Im Frühjahr 2005 verurteilte das Bezirksamt Aarau den damaligen PNOS-Präsidenten Jonas Gysin und drei weitere Vorstandsmitglieder wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm zu Bussen, da das PNOS-Parteiprogramm „eine kollektive Schmähung der Ausländer“ enthalte. (55)Die Verurteilten appellierten an die nächste Instanz. Einen Monat später trat Jonas Gysin von seinem Amt zurück, seither ist ein fünfköpfiger Vorstand für die Partei verantwortlich.

Ende 2005 verfügte die PNOS über Sektionen in den Kantonen Aargau, Bern, Freiburg und Solothurn und eine Ortssektion in Langenthal. In einem Interview behauptete die PNOS-Mediensprecherin Denise Friedrich, die Partei habe mehrere hundert Mitglieder(56). Diese Angaben lassen sich nicht überprüfen. Wie schnell die PNOS weitere Kantonalsektionen aufbauen wird, lässt sich nicht zuverlässig sagen. Interviewt für ein rechtsextremistisches Forum erklärte PNOS-Langenthal-Exponent Stephan Wüthrich Ende 2005: „In der Innerschweiz haben wir bereits potenzielle Personen, sowie in Zürich, es fehlt nur noch am Feinschliff. In nächster Zeit wird das aber nicht unser Hauptthema sein, da die Grossratswahlen wichtiger sein werden.“

Fazit: Der PNOS ist es innerhalb von fünf Jahren gelungen, konstante Strukturen aufzubauen, trotz relativ häufigen Personalwechsels an der Spitze. Weiter gelingt es der PNOS inzwischen, auch bei lokalen und kantonalen Wahlen Kandidaten aufzustellen. Damit ist es einer rechtsextremistischen Partei – erstmals seit Ende des Zweiten Weltkrieges – gelungen, für einige Zeit konstant an der institutionalisierten Politik teilzunehmen. Sie strebt einen „Eidgenössischen Sozialismus“ an, der nicht expansionistisch sei, „wirtschaftlich und völkisch“ jedoch grosse Analogien mit dem Nationalsozialismus und dem italienischen Faschismus aufweise. (57)

(54) Siehe Kapitel „Musikgruppen“, Abschnitt „Indiziert“
(55) Aargauer Zeitung, 19. Juli 2005, PNOS wegen Rassendiskriminierung verurteilt
(56) Die Weltwoche, 22. Dezember 2005
(57) Michael Haldimann, Jedem sein Sozialismus, Zeitgeist, August 2005, S. 11

Rechtsextremistische Vorgesetzte in der ArmeeSichtlich aufgebracht verliess am 1. August der Redner Samuel Schmid, Bundespräsident und Chef des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) das Rütli. Kurz darauf liess das VBS verlauten, es suche in seinen eigenen Reihen nach Rechtsextremisten und verhänge allenfalls Sanktionen: “Leute mit rechtsradikaler Gesinnung haben im Militär definitiv nichts zu suchen“(58). Die Fachstelle für Extremismus in der Armee überprüfe namentlich bekannte Rechtsextreme bezüglich ihrer Dienstpflicht, Einteilung und ihres militärischen Grads. Abgeklärt werde, ob Rechtsradikale Militärdienst leisten, ob es darunter Kaderleute gibt und ob dadurch ein Sicherheitsrisiko besteht. „Die Armee will nicht, dass Leute mit einer solchen Gesinnung befördert werden, eine Kaderposition einnehmen und so ihre Denkhaltung weiterverbreiten können“, sagte Sievert, Sprecher im VBS. Findet die Fachstelle Leute, die ein Sicherheitsrisiko darstellen, wird gehandelt. Die Armee teile die Person in einen nicht sensiblen Bereich um oder schliesse sie aus der Armee aus.

Der Ankündigung folgten keine Taten, sondern ein Widerruf. Anfang Dezember erklärte VBS-Chef Samuel Schmid vor dem Nationalrat: „Ein Ausschluss von der Militärdienstleistung wegen extremistischer Tätigkeiten im zivilen Bereich ist nicht möglich, weil dafür nicht nur die gesetzlichen Grundlagen, sondern derzeit auch die Abgrenzungskriterien fehlen.“ (59)Anlass für die Intervention des Luzerner SP-Nationlrates Hans Widmer waren Medienberichte, wonach mehrere Rechtsextremisten in der Armee Karriere als Unteroffizier oder Offizier gemacht hatten(60), auch solche, die rechtskräftig wegen des Angriffes auf missliebige Personen verurteilt worden waren.

Jedoch auch die Schweizer Armee ist vielgestaltig, Militärdienst leisten Männer und Frauen, die in verschiedenen religiösen Traditionszusammenhängen leben, die unterschiedliche Hautfarben haben und die unterschiedliche sexuelle Präferenzen leben. Sie alle sollten – auch in der Armee – die Gewissheit haben können, dass sie nicht wegen ihrer Religion, Hautfarbe oder sexueller Präferenz gemobbt, schikaniert oder diskriminiert werden. Rechtsextremistische Unteroffiziere und Offiziere bieten dafür keine Gewähr.

Dies ist offensichtlich noch nicht der Fall. Mitte August 2005 liessen in der Grenadier-Rekrutenschule Isone zwei Unteroffiziere und zwei Rekruten auf einem Marsch Sprüche wie „Man sollte alle Juden vergasen und Neger umbringen“ fallen(61). Die vier Armeeangehörigen waren auch dadurch aufgefallen, dass sie sich mit Hitlergruss begrüssten. Elf Rekruten beschwerten sich beim Schulkommandanten, der die vier sofort nach Hause schickte und eine Untersuchung anordnete. So weit, so gut! Doch der Untersuchungsrichter wollte in den Sprüchen keine Verletzung der Rassismus-Strafnorm sehen, da sie im privaten Rahmen einer Kompanie gefallen seien. Marcel Alexander Niggli, Verfasser des juristischen Kommentars zur Rassismus-Strafnorm, erachtete diesen Entscheid als schlichtweg „falsch“. Der zuständige Schulkommandant folgte dem Antrag des Untersuchungsrichters zwar nicht und ordnete eine Untersuchung an, nichtsdestotrotz ist der Entscheid symptomatisch für den Umgang der Armee mit den Rechtsextremisten.

 

(58) Berichte dazu in: Blick, 13. August 2005, SonntagsZeitung, 14. August 2005, NZZ, 15. August 2005 Zitat aus: Aargauer Zeitung, 15. August 2005
(59) Amtliches Protokoll, Nationalrat, Fragestunde vom 5. Dezember 2005
(60) Jürg Frischknecht, „Schlagt die Roten“, Die WochenZeitung WOZ, 1. September 2005, Hans Stutz, Neonazi macht Karriere in Armee, SonntagsZeitung, 18. September 2005 und Neonazis dürfen Offiziere bleiben, SonntagsZeitung, 6. November 2005.
(61) Siehe Eintrag, Isone TI, 18. August 2005

Ausserparlamentarische Opposition (NAPO)

Die Nationale Ausserparlamentarische Opposition (NAPO) trat 2005 nur mit zwei Kundgebungen in Erscheinung, zuerst in Schaffhausen, dann in Aarau. Am Samstagabend, 12. März 2005 marschierten – zuerst von der Öffentlichkeit kaum bemerkt – rund 150 Rechtsextremisten in Schaffhausen durch die leeren Strassen. NAPO-Inspirator Bernhard Schaub hielt eine Rede, die KundgebungsteilnehmerInnen verteilten an die wenigen PassantInnen ein Flugblatt. Es behauptet, dass in der Schweiz nicht das Volk herrsche, sondern – wie überall in der westlichen Welt – “eine Clique der internationalen Geldmafia”. Und weiter: “Diese internationalen Verbrecher des staatenlosen Kapitals haben zwei Weltkriege gegen Deutschland geführt und dann auf den Ruinen Europas ihre Weltherrschaft aufgebaut”. Sie seien sowohl “die Herren des Kapitalismus” als auch des Kommunismus und würden die “wahre Fremdherrschaft” bilden.

Am 30. April folgten rund 50 Rechtsextremisten einem – nur intern verbreiteten – NAPO-Aufruf für eine überraschende Kundgebung zum Tag der Arbeit(62). Redner Schaub erging sich in antisemitischer Hetze. Die Aargauer Kantonspolizei unterband die Hetze nicht, eröffnete aber im Nachhinein ein Strafverfahren wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm.

Die NAPO trat erstmals Anfang 2003 in Erscheinung. Gemäss ihrem „Aktionsprogramm“ ist das Ziel von NAPO-Aktionen „die Störung der Medienherrschaft in unserem politischen System und die Vorbereitung eines Machtwechsels innerhalb der Schweiz im Sinne der Volksstaats-Idee“. Das heisst unter anderem die Ausweisung von EinwohnerInnen nichteuropäischer Herkunft, denn die NAPO betrachtet „Kulturfremde und Fremdrassige in unserem Land und in Europa als Zivilbesatzer“. Und weiter: „Wir treten ein für die Rückführung der Fremdrassigen und Kulturfremden“. Und zu ihren „Visionen“ zählt die NAPO „kinderreiche weisse Familien“. Rassistischer Klartext also. In den Jahren 2003 und 2004 produzierte sie noch mehrere Flugblätter, die an verschiedenen Orten in der Deutschschweiz – mit sehr beschränkter Beobachtung – verteilt wurden.

(62) Siehe Eintrag Aarau, 20. April 2005

Holocaust-Leugner

Holocaust-LeugnerInnen bestreiten drei offensichtliche historische Tatsachen: erstens, dass es einen Plan zur Ermordung der europäischen Juden gegeben habe; zweitens, dass Gaskammern zur Ermordung der Opfer gebaut worden seien; und drittens, dass die Zahl der durch die nationalsozialistische Judenverfolgung umgekommenen Jüdinnen und Juden annährend sechs Millionen betrage. Im Jahr 2005 hat die Internationale der Holocaust-Leugner einen offensichtlichen Rückschlag erlebt. Exponenten wie der Franzose Robert Faurisson hatten zwar bereits seit mehreren Jahren die Krise der Holocaust-Leugner-Szene beklagt(63), doch im Spätherbst 2005 wurde auch noch ein massgeblicher Teil ihrer Infrastruktur lahm gelegt: Durch die Verhaftung und Auslieferung von Germar Rudolf wurde der grösste und zweisprachig publizierende Verlag inaktiv, ebenso die wichtigste, sowohl deutsch wie englisch erscheinende Szene-Zeitschrift und die materialreichste Internet-Homepage. Zwar werden Äusserungen iranischer Politiker – wie jene des neu gewählten Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad – gerne zitiert, allerdings sind sie noch kein Beleg für eine verstärkte Zusammenarbeit von Holocaust-Leugnern und Islamisten.

Anfang der 90er Jahre traten auch die ersten Schweizer Holocaust-Leugner an die Öffentlichkeit. Während des Referendumskampfes um die Einführung der Rassismus-Strafnorm organisierten sich die vier Hauptexponenten Jürgen Graf, Arthur Vogt, Andres J. Studer und Bernhard Schaub, zuerst in der „Arbeitsgemeinschaft zur Enttabuisierung der Zeitgeschichte (AEZ)“, später umbenannt in „Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der Zeitgeschichte (AEZ)“. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre reduzierte die AEZ ihre Aktivitäten, woraufhin sich die Deutschschweizer Holocaust-Leugner mit Westschweizer Gesinnungskameraden zur Vereinigung „Vérité et Justice“ zusammentaten. (64)

(63) Siehe beispielsweise Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung, 4/2004, S. 97-101
(64) Eine ausführliche Darstellung der Aktivitäten dieser Epoche findet sich in Peter Niggli/Jürg Frischknecht, Rechte Seilschaften, Zürich 1998, S. 653-701

„Vérité et Justice“

In der Dezember-Ausgabe 2005 veröffentlichte Gaston Armand Amaudruz’ „Courrier du continent“ eine Mitteilung des Vereins „Vérité et Justice“(65), wonach deren Generalsekretär René-Louis Berclaz nach 344 Tagen nun aus dem Gefängnis entlassen worden sei. Berclaz führt die Rassismus-Strafnorm und damit auch seine Haft auf Informationskontrolle zurück, alles – so Berclaz – gemäss den Weisungen der „Protokolle der Weisen von Zion“.

Fakt ist: Der Verein „Vérité et Justice“ konnte im Jahr 2005 erstmals keine nennenswerten Aktivitäten entfalten, nachdem er bereits im März 2002 vom Bezirksgericht Veveyse in Châtel-Saint-Denis aufgelöst worden war. Ende 2005 verfügte „Verité et Justice“ auch nicht mehr über einen Auftritt im Weltnetz. Auch der einstige „Verité et Justice“-Präsident Jürgen Graf ist nicht mehr in der Schweiz aktiv. Er flüchtete vor einer 15-monatigen Gefängnisstrafe und lebt heute in Russland. Allerdings hat ein Berclaz-Unterstützungskomitee im Herbst 2005 angekündigt, dass es für den Frühling 2006 die Publizierung eines Buches mit bereits veröffentlichten und einigen unpublizierten Artikeln plane, und dafür um Spenden gebeten. (66)

(65) Courrier du continent, No. 476, Décembre 2005, Seite 9
(66) Courrier du continent, No. 475, November 2005, Seite 5

Bernhard Schaub

Auch Schaubs neuestes Projekt scheint politisch motiviert. In Dornach, dem Zentrum der anthroposophischen Bewegung, hat er ein Zentrum für „Nordische Gymnastik“ aufgezogen. Nordisch heisse sie, weil sie „dem Bewegungstyp des mittel- und nordeuropäischen Menschen“ entspreche. Sie stütze sich auf Graf Fritz von Bothmer und Hinrich Melau. Von Bothmer war Anthroposoph, Hinrich Melau ist Begründer einer „Deutschen Gymnastik“, die im Dritten Reich besonders beim Bund Deutscher Mädchen verbreitet war.

In der Schweiz hatte Schaub 2005 nur wenige Auftritte, die von ihm begründete Nationale Ausserparlamentarische Opposition (NAPO) trat nur zweimal in Erscheinung (67) Sowohl in Schaffhausen wie in Aarau war Schaub jeweils der Redner. Anders als in den Vorjahren hielt Schaub 2005 an der rechtsextremistischen 1.August-Kundgebung in Brunnen keine Megafon-Ansprache. Gemäss Augenzeugen war er zwar in Brunnen anwesend. Aktiv war Schaub aber wieder in Deutschland, mehrmals trat er dabei mit dem Holocaust-Leugner Horst Mahler auf, beispielsweise Ende Februar 2005 im „Collegium Humanum“ im norddeutschen Vlotho, wo die beiden zum Thema „Das Deutsche Reich als das Reich der Freiheit oder Die Zukunft der Demokratie ist ihr Untergang“ referierten, offenbar im Bestreben des Aufbaus einer Reichsbewegung. Ebenfalls in Vlotho traten Schaub und Mahler auch im November auf, an einer Tagung des „Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreiten des Holocausts Verfolgten“, dessen Präsident Schaub seit der Gründung im November 2003 ist. Tage zuvor war er – zusammen mit rund 100 weiteren Rechtsextemisten – bei der Eröffnung des Prozesses gegen den Holocaust-Leugner Ernst Zündel in Mannheim präsent. (68)Und Ende Oktober 2005 bestritt Schaub im thüringischen Mosbach bei Eisenach zusammen mit Horst Mahler und Ursula Haverbeck ein Seminar der „Reichsbewegung“, dessen „Lernziel“ – so ein Teilnehmer – es gewesen sei, den „Distanzierungsreflex“ zu besiegen, „der auch in nationalen Kreisen üblich ist, wenn man auf Adolf Hitler zu sprechen“ komme. Schaub habe dabei über den „Volksgeist“ gesprochen und dass Hölderlin den „Genius der Deutschen, den deutschen Volksgeist“ leidenschaftlich beschworen habe, „der dann rund zwölf Jahrzehnte später in Adolf Hitler wie in einem Brennglas gebündelt Gestalt angenommen“ habe. An seinem neuen Wohnort Dornach führt Schaub, der zur Zeit der einzige Schweizer Rechtsextremist mit einer Ausstrahlung über die Landesgrenzen hinaus ist, auch seinen Verlag „WotansWort“ weiter, obwohl der entsprechende Verweis auf der NAPO-Weltnetzseite seit längerem nicht mehr aktiv ist. Schaub hat 2005 als „Privatdruck für den Freundeskreis“ einen Teilnachdruck des hitlerapologetischen Buches „Gold im Schmelztiegel. Eine Huldigung an Deutschland“ von Savitri Devi Mukherji herausgegeben. Diese Vertreterin eines esoterischen Hitlerismus schreibt darin, dass es im Dritten Reich niemals Gaskammern gegeben habe, und bezeichnet die Aussagen von KZ-Überlebenden als „jüdische Lügen“(69).

(67) Siehe Abschnitt „Nationale Ausserparlamentarische Opposition (NAPO)“, Seite ..
(68) Tachles, 18. November 2005, Der Wanderzirkus der Holocaust-Leugner
(69) Diese Inhaltsangabe stützt sich auf Eduard Gugenberger, Franko Petri, Roman Schweidlenka. Weltverschwörungstheorien. Die neue Gefahr von rechts. Wien/München, 1998. S. 152

Schweizer Rechtsextremisten im Internet

In der Schweiz verfügt die rechtsextremistische Szene nur über wenige Medien, insbesondere wenige Printmedien. Doch seit mehreren Jahren können sich im Internet einige „Nachrichtenportale“ halten, die mehr oder weniger regelmässig das aktuelle Geschehen kommentieren und manchmal auch Medienmitteilungen rechtsextremistischer Organisationen verbreiten. Unklar ist, wie weit diese Portale über den engsten Kreis hinaus überhaupt beachtet werden.

Neben diesen Portalen existieren seit Jahren noch mehrere „Foren“, wo – meist erst nach vorheriger Einschreibung zugänglich – Angemeldete diskutieren. Ende 2005 waren unter anderem aktiv: das „Nationale Forum Schweiz“ auf der Site des Plattenvertriebs White Revolution, das „Hammerskin-Forum“ und das Forum von „Blood and Honour Schweiz“, wo vor allem Westschweizer aktiv sind.

„Freie Stimme/Altermedia Schweiz“

Mitte September 2005 liess das Nachrichtenportal „Freie Stimme“ verlauten, es stelle seine Tätigkeit weitgehend ein, und begründete dies damit, dass sich die Politik – „oder zumindest das Spiel, welches der demokratische Musterbürger zu sehen bekommt“ (70)– häufig nach dem immer gleichen Schema abspiele und folglich die Motivation geschwunden sei. Zwei Monate später liess eine nächste Meldung diese Aussage in einem anderen Licht erscheinen: „Vor einer Woche wurde das private Wohnzimmer der Schriftleitung von „Freie Stimme“ durch drei Polizeibeamte durchsucht und dabei zwei Computer sowie mehrere Datenträger und andere persönliche Unterlagen beschlagnahmt. Zeitgleich fand bei einer weiteren Person, bei welcher die Polizei eine Mittäterschaft bei „Freie Stimme/Altermedia Schweiz“ vermutet, ebenfalls eine Hausdurchsuchung statt.“ (71)

Das Strafverfahren ausgelöst hat eine „Freie Stimme“-Meldung von Ende Mai, worin über die Eröffnung des Holocaust-Denkmals in Berlin berichtet und vorgeschlagen wurde, „dass dereinst – getreu dem Verursacherprinzip – diejenigen Menschen, welche dieses Denkmal zu verantworten haben, mit einem Hammer ausgerüstet jeden einzelnen dieser 2711 Betonklötze derart verkleinert, dass nur noch Staub übrig bleibt. Staub aus der vergangenen Zeit Deutschlands und Europas grösster Erniedrigung.“ Eine Privatperson erstattete daraufhin Strafanzeige wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm.

„Freie Stimme“ veröffentlichte seit Mitte 2002 regelmässig Kommentare zum Zeitgeschehen aus einer nazifreundlichen und rassistischen Perspektive, gelegentlich mit antisemitischen Untertönen, gelegentlich mit Andeutungen, die Sympathien für Holocaust-Leugner erkennen liessen. Wenn auch die Aktivitäten des nationalkonservativen Lagers von der „Freien Stimme“ meist wohlwollend kommentiert werden, so erntete doch Bundesrat Christoph Blocher Kritik für seine Migrationspolitik: Er betreibe – wie seine Partei SVP übrigens – ein „Doppelspiel“, denn er habe „immer wieder erklärt, dass die Schweiz Ausländer und Einwanderung“ brauche. Im Klartext: In der Ausländerpolitik sind Blocher und SVP – zumindest für die „Freie Stimme – nicht konsequent genug.

(70) Meldung von Die Freie Stimme, vom 15. Oktober 2005
(71) Meldung von Die Freie Stimme, vom 28. November 2005

„Altermedia Suisse“ und „Novopress Suisse“

Weiterhin aktiv ist der Westschweizer Ableger des Infoportals „Altermedia“. Letzteres ist ein international aktives Infoportal und will „World Wide News for People of European Descent“ (Neuigkeiten aus aller Welt für Menschen europäischer Herkunft) verbreiten. Das Portal will die Stimme jener sein, die ihre Meinungsäusserungsfreiheit nicht dem „Politisch Korrekten“ opfern wollen, in concreto: des ganzen rechtsextremistischen Spektrums von „Nationalisten“.Der französischsprachige Schweizer Ableger vermittelt vor allem Meldungen über Parteien von der SVP bis zur PNOS beziehungsweise deren Exponenten. Allerdings beschränkte sich das Angebot im Jahr 2005 weitgehend auf die Weiterverbreitung andernorts erschienener Meldungen oder Texte. Ungeklärt ist, wer diesen Westschweizer Ableger betreibt.

Neben „Altermedia Suisse“ besteht noch ein zweites Westschweizer Nachrichtenportal, nämlich „Novopress Suisse“.Auffällig sind die wöchentlichen Kommentare eines „Saint Martin“. „Novopress Suisse“ steht der Bewegung des „Identitaires“ nahe und verbreitet auch die Mitteilungen der „Identitaires Romandie“.

Musikgruppen

Musik spielt in allen Jugend-Subkulturen eine identitäts- und wertstiftende Rolle, einerseits als Vermittlerin eines Lebensgefühls, andererseits aber auch als Medium zur Verbreitung politischer Botschaften(72). Konzerte dienen einerseits dem Szenen-Zusammenhalt, andererseits auch der Verbreitung der politischen Botschaft insbesondere bei Naziskin-Konzerten, da an diesen Veranstaltungen meist an entsprechenden Ständen sowohl Tonträger und Bücher/Broschüren wie weitere szenetypischen Artikel angeboten werden. Bis zum Grundsatzurteil des Bundesgerichtes zu Rassismus-Strafnorm und Öffentlichkeit (73) erachteten Polizei und Untersuchungsrichter Naziskin-Konzerte als private Veranstaltungen, auch wenn über tausend Personen anwesend waren und die Konzert-Ankündigungen ebenfalls Medienschaffenden zugänglich waren.

In den vergangenen Jahren sind mehrere rechtsextremistische Schweizer Bands an die Öffentlichkeit getreten, vor über zehn Jahren bereits die Basler Gruppe „Sturmtruppen Skinhead“, später die Ostschweizer Hammerskin-Band „Erbarmungslos“. Ebenfalls aus der Hammerskin-Bewegung stammen Mitglieder der Luzerner Band „Dissens“.2005 traten die Zürcher Gruppe „Amok“ und die Walliser Band „Helvetica“ aktiv an Konzerten auf,. Diese beiden Bands veröffentlichten noch keinen Tonträger, im Gegensatz zur bekanntesten einschlägigen Schweizer Rechtsextremisten-Combo „Indiziert.“

Ein Konzert und seine Folgen

Zuerst lief alles wie gehabt. Einige hundert Naziskins trafen sich zu einem Gedenkkonzert für den verstorbenen Blood-and-Honour-Gründer Jan Stuart. Die Walliser Kantonspolizei gab sich verantwortungsbewusst, das Konzert sei zwar illegal, da nicht angemeldet gewesen. Sie habe auch rund sechzig Personen kontrolliert, doch nichts Illegales festgestellt. Im Übrigen sei es beim Veranstaltungsort sehr ruhig gewesen, ausserhalb habe man vom Konzert nichts mitbekommen. (74)

Doch zehn Tage später strahlte das Nachrichtenmagazin „Rundschau“ des Schweizer Fernsehen SF einen mit versteckter Kamera gedrehten Film, der eklatante Widerhandlungen gegen die Rassismus-Straform dokumentierte. (75)Die Zürcher Neonazi-Band „Amok“ sang unter anderem: „Wetzt die langen Messer auf dem Bürgersteig, lasst die Messer flutschen in den Judenleib. Blut muss fliessen knüppelhageldick und wir scheissen auf diese Judenrepublik.“ Weiter zeigte der Film auch, dass an mehreren Verkaufsständen einschlägige Tonträger und Bücher verkauft wurden. Die Walliser Kantonspolizei eröffnet daraufhin Strafverfahren, unter anderem wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm.

Fazit: Der „Rundschau“-Beitrag machte publik, dass bei Naziskin-Konzerten die Widerhandlungen gegen die Rassismus-Strafnorm im Konzertsaal stattfinden. Da das Tatbestandsmerkmal „Öffentlichkeit“ gegeben ist, wird die Polizei in Zukunft einschlägige Konzerte entweder verbieten oder im Innern überwachen müssen.

(72) Eine ausführliche und überaus materialreiche Darstellung der rechtsextremistischen Rockmusik bieten Christian Dornbusch, Jan Raabe (Hg.), RechtsRock – Bestandsaufnahme und Gegenstrategien, Hamburg/Münster, 2002.
(73) Bundesgerichtsurteil 6S.318/2003, publiziert als BGE 130 IV 111ff.
(74) Siehe beispielsweise Le Temps, 19. September 2005
(75) Siehe Eintrag, Brig VS, 17. September 2005

„Indiziert“

An einer NPD-Wahlveranstaltung in Bayern sind sie 2005 aufgetreten, aber auch an einem Konzert der Blood and Honour-Sektion Österreich, die vier Musiker der Oberaargauer Rechtsrockband „Indiziert“. Über insgesamt sechs Auftritte berichten sie auf ihrer Homepage, und auch davon, dass sie Ende 2005 zwecks Aufnahme einer neuen CD ins Tonstudio gehen würden. Dabei haben sie die Probleme mit ihrem ersten Tonträger „Eidgenössischer Widerstand“ noch nicht ausgestanden. Die Botschaft ist eindeutig rassistisch inspiriert, wenn auch in holperigen Versen vermittelt: „Für eine reine, weisse Schweiz/Wir müssen kämpfen, und das mit Fleiss/Eine starke Einheit müssen wir werden/sonst wird unser Volk bald aussterben/Die Zeit ist gekommen jetzt sofort/Jagt die fremde Brut wieder fort.“ (76)In Deutschland setzte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien den „Indiziert“-Tonträger auf den Index, weil die Liedtexte „teilweise zum Rassenhass“ aufrufen würden. (77)

Die Band „Indiziert“ besteht aus den Brüdern Alex und Cedric Rohrbach, Dominic Lüthard und Benjamin Lingg. Ende 2005 kündigte Dominic Lüthard an, dass er auf der Liste der PNOS für den Grossen Rat des Kantons Bern kandidieren werde. Der Tonträger „Eidgenössischer Widerstand“ wurde durch Ulfhednirs Records, mit Postadresse in Niederhasli ZH produziert und auch vertrieben. Dieses Plattenlabel vertreibt sonst vorwiegend NS-Heavy-Metal. Die Betreiber konnten bis anhin namentlich unbekannt bleiben.

(76) Christoph Lenz, Rechtsrock: Hass, Hetze und griffige Akkorde, Schaffhauser Nachrichten, 24. November 2005
(77) Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Entscheidung Nr. 7055 (V) vom 13. Oktober 2005

Dark-Wave und NS-Black Metal – zwei Subkulturen mit rechtsextremistischen Tendenzen

Am 11. Juni 2005 trafen sich in Ennenda, Kanton Glarus mehrere hundert Rechtsextremisten zu einem Konzert. Es endete in einer Massenschlägerei, die von der Polizei beendet wurde. Gemäss Eintragen in verschiedenen rechtsextremistischen Foren waren sich Hammerskinheads einerseits und Blood-and-Honour-Skins andererseits an die Glatzen geraten. Das Konzert war als „Helvetischer Klangsturm“ angekündigt worden, veranstaltet von den MacherInnen der Ulfhednirs Records im Zürcherischen Niederhasli. Es war in der Schweiz im Jahr 2005 das einzige grössere Konzert jenes Teil der Heavy-Metal-Szene, die sich offen zum Nationalsozialismus bekennt. (78)

Auch in einem kleinen Teil der Dark Wave/Neofolk-Szene konnte sich eine neofaschistisch orientierte Richtung festsetzen, und auch in der Schweiz, vorwiegend in der Westschweiz, finden einschlägige Konzerte statt. So trat Ende Oktober 2005 in Yverdon der Wiener Gerhard Petak (alias Kadmon) als „Allerseelen“ auf. Petak gehört seit vielen Jahren zu den bekanntesten Exponenten des neofaschistisch inspirierten Teils der Neofolk-Szene (79). Organisiert wurde der Abend von der Vereinigung „Soleil Noir“, die vom Lausanner Lars Kophal präsidiert wird. Auch in der Selbstdarstellung von „Soleil Noir“ wird die ambivalente Weltanschauung deutlich, zuerst behauptet sie „unpolitisch“ zu sein, um dann allerdings auch festzuhalten, dass „Soleil Noir“ auf die wurzellose Moderne kotze, wie auch auf den geistlosen Materialismus und den zerstörerischen Ultraliberalismus, die Arbeiterausbeutung durch das internationale Finanzkapital, die planetweite Globaliserungs-Vereinheitlichung, die grosse seichte Suppe des Multikulturalismus, die Amerikanisierung wie auch die Dritt-Weltisierung. Sie seien Schweizer und Europäer, und dies ohne Schande oder Schuld zu fühlen (80). Dieses pessimistische und europazentrierte Kulturverständnis wird politisch verdeutlicht durch lobende Erwähnungen des faschistischen Ideologen Julius Evola. Ein grosser Teil der Dark Wave/Neofolk-Szene steht diesen neofaschistisch-inspirierten Minderheit unkritisch gegenüber, gelegentlich übernehmen auch unkritische Medienschaffende diese Sichtweise. (81)

Für die Ostertage 2006 haben drei verschiedene Organisationen – darunter auch „Soleil Noir“ – ein zweitägiges Festival in Yverdon angekündigt.

(78) Christian Dornbusch & Hans-Peter Killguss. Unheilige Allianzen. Black Metal zwischen Satanismus, Heidentum und Neonazismus. Hamburg/Münster 2005.
(79) Einen Überblick über diese Entwicklung bietet Andreas Speit (Hg.). Ästethische Mobilmachung, Hamburg/Münster, 2002
(80) Im Orginalton: Nous vomissons la “modernité” sans racines, le matérialisme sans âme, l’ultralibéralisme destructeur, l’exploitation des travailleurs par le grand actionnariat international, la globalisation-standardisation planétaire, la grande soupe fade du multiculturalisme, l’américanisation comme la tiers-mondisation. Accessoirement, nous sommes Suisses et Européens et n’en ressentons ni honte ni culpabilité.
(81) Siehe beispielsweise Elisabetta Antonelli, Schwarz, aber herzlich. Der Beobachter, 28. Oktober 2005

Buch- und Musikversände

Bis vor wenigen Jahren mussten Schweizer Rechtsextremisten sowohl einschlägige Bücher wie Tonträger aus dem Ausland, insbesondere aus Deutschland beziehen. Wenn auch heute noch vielfach solche Materialien aus dem Ausland (vorwiegend Deutschland) bezogen werden, so bestand zumindest bis in den Spätherbst 2005 ein einschlägiger Schweizer Vertrieb.

White Revolution/Helvetia Versand

Bereits im Jahr 2004 hatte Sacha Kunz, vormals PNOS-Präsident, mit dem Aufbau eines grösseren Werkes begonnen. „White Revolution“ sollte einerseits Plattenvertrieb wie auch -label sein. (82) White Revolution Records wolle, so die Ankündigung auf der Homepage, ein Schweizer Musik-Label seine, „das sich zum Ziel gemacht hat, in der Nationalendenkenden Musik Szene mitzumischen“ (Orthografie im Original). Angegliedert sei dem Label „das Tonstudio Swastika Records, wo professionelle Musikproduktionen realisiert werden“.

Über die Internet-Site von White Revolution betreibt Kunz auch das „Nationale Forum Schweiz“, das vor allem in Sommer 2005 rege benutzt wurde, insbesondere auch zur Mobilisierung für den rechtsextremistischen Rütli-Aufmarsch. Im Herbst gab Kunz seinem Versand den unverfänglicheren Namen Helvetia Versand. Das Angebot blieb unverändert und wurde auch noch kurze Zeit über Internet angeboten, nämlich bis die Aargauer Kantonspolizei bei Kunz im Rahmen eines Verfahrens wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm eine Hausdurchsuchung durchführte. Der Versand hatte eine wachsende Kundschaft, wie die Berner Antifa bereits Mitte August 2005 nachgewiesen hatte. Sie hatte die Kundendatenbank mit über 150 Kundennamen zugespielt erhalten. (83).

Kunz ist auch Mitglied des Duos „Die Eidgenossen“, das unter anderem Mitte Juli 2005 in Baden an der Veranstaltung einer sonst unbekannten „Kameradschaft Baden“ auftrat (84). Kunz und sein Kollege sangen dabei das rassistische „Afrikalied“ der deutschen Gruppe „Landser“ wie mitteilsame KonzertteilnehmerInnen – und auch Kunz selbst – in rechtsextremistischen Foren feilboten. Ansonsten veröffentlichte das Duo „Die Eidgenossen“ eine CD mit drei Liedern, fantasielosem Gitarrengeschrammel mit einschlägigen Texten, darunter das frontistische Harstlied.

(82) Siehe Eintrag Baden-Dättwil AG, 17. Juli 2005
(83) Siehe beispielsweise Der Tages-Anzeiger, 17. August 2005

Buchversand Neue Zeitenwende

Seit November 2005 veröffentlicht der Buchversand Neue Zeitenwende sein Angebot auch im Weltnetz. Der Versand bietet – gemäss Eigeneinschätzung – „Bücher zu diversen Themen“ an, wie „Geschichte, Kultur und Brauchtum, Politik und anderen Themen“. In Realität verbreitet er verschwörungsfantastische Bücher über Geheimbünde, verherrlichende Literatur über die Waffen-SS, dazu Bücher von rechtsextremistischen Autoren wie Jürgen Schwab oder Peter Dehoust.

Erreichbar ist der Versand über ein Postfach in Flumenthal (Nähe Solothurn), angemeldet ist die Homepage von Adrian Segessenmann, Flumenthal. Der 26jährige Segessenmann ist seit vielen Jahren in der Rechtsextremen-Szene aktiv, unter anderem war er am Hammerskin-Überfall auf ein antifaschistisches Musikfestival in Hochdorf (4.11.1995) beteiligt. Auch gehörte er zu den Organisatoren jener Vortrags-Veranstaltung, die zu einem Paradigma-Wechsel beim Tatbestandsmerkmal „Öffentlichkeit“ führte (85).

Fazit: Im Jahr 2005 ist die rechtsextremistische Subkultur – zumeist aus Naziskinheads bestehend – zahlenmässig wohl nur wenig angewachsen. Gleichwohl ist sie gestärkt, da sie inzwischen über ein konstantes Netz von Szene-Angeboten verfügt: Musikgruppen, Tonträger- und Bücherversände, Nachrichtenportale im Internet, dazu eine Partei, die stabile Strukturen aufgebaut hat. Noch nicht ausgestanden für die PNOS ist allerdings ein Gerichtsverfahren wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm; in erster Instanz hat das Bezirksgericht Aarau festgehalten, dass verschiedene Punkte des Parteiprogramms eindeutig rassistisch seien.

(84) Siehe Eintrag Baden-Dättwil AG, 17. Juli 2005 (85) Siehe Bundesgerichtentscheid 6S.318/2003, siehe auch Eintrag Seedorf BE, 26. September 1999

Luzern, Mitte Januar 2006
Hans Stutz